Wir fuhren bisher 2 Fahrzeuge. Einen Verbrenner sowie ein Nissan E-NV Elektroauto. Fuhren deswegen, weil wir uns nach reiflicher Überlegung, und so manchem Problem, vom E-NV getrennt haben. Die Entscheidung viel uns leichter als anfangs gedacht.
In 3 Jahren haben wir mehr als 37.000km mit dem Nissan E-NV zurückgelegt. Am Fahrzeug selbst gab es in der Zeit nur wenige Kritikpunkte. Und doch würden wir uns aus jetziger Sicht, nicht mehr für ein Elektroauto entscheiden.
Technische Probleme
Kurz nach dem Kauf verloren wir eine Kunststoffeiste, oben an der Heckklappe. Keine große Sache, sollte man meinen. Doch nicht bei Nissan.
Für die Montage der neuen Leiste musste die Heckklappe komplett demontiert werden! 1 Tag konnten wir das Fahrzeug nicht nutzen, bekamen aber ein Leihfahrzeug.

Ca. 6 Monate nach dem Kauf stand wieder die Heckklappe im Fokus.
Es gab es einen Produktrückruf der Gasdruckdämpfer an der Heckklappe. Laut Werkstatt sollten sie wohl zu schnell korrodieren und es bestand die Gefahr, dass uns irgendwann die Heckklappe auf den Kopf knallt.
Der Austausch war kostenlos und schnell erledigt, nach 1 Stunde konnten wir weiterfahren.

10 Monate war unser Auto jung, als plötzlich das Navigationssystem ausfiel.
Erst war die angezeigte Position sporadisch ungenau, später wurden wir durchgehend mehrere Hundert Kilometer vom tatsächlichen Standort angezeigt.
Die Folge war eine tagelange Fehlersuche und 3 Wochen ohne Navi, da das gesamte Gerät getauscht werden musste.
Der Austausch erfolgte auf Garantie.

Der letzte Defekt trat etwa 2 Jahre nach dem Kauf auf. Ab und an konnten wir das Auto nicht mehr schnell aufladen.
Zumeist klappte zumindest die Ladung über die Haushaltssteckdose. Doch auch hier gab es immer wieder Fehler und abgebrochene Ladevorgänge.
Der Fehler war schnell gefunden, das Ladegerät im Fahrzeug musste getauscht werden.
Auch dieses Mal entstanden uns Aufwände aber zumindest keine Kosten!

Insgesamt waren die technischen Fehler zwar nervig, jedoch keine tragische Sache. Das lag allerdings mehr an der großartigen Unterstützung des Händlers, als an Nissan selbst.
Selbst als „nur“ das Navi defekt war, hat man uns sofort ein kostenloses Leihauto angeboten. Der alleinige Grund für den Verkauf des Fahrzeuges waren die Fehler jedenfalls nicht!
Alltag
Nachfolgend wollen wir unsere Erfahrungen mit diesem Fahrzeug im Speziellen und Elektroautos im Allgemeinen mitteilen.
Ausstattung und Komfort
Sitzheizung, automatische Klimaanlage, Standklima und Standheizung, Lenkradheizung, Regensensor, Lichtsensor und Navigationssystem… Die Sitzbank konnte geteilt umgeklappt und somit der Laderaum vergrößert werden. Der Nissan E-NV hatte fast alles was man sich wünschen kann und war in diesen Punkten ideal für uns.
Elektroautos sind generell recht gut ausgestattet. Das darf man bei den hohen Kaufpreisen allerdings auch erwarten.
Reichweite
Wie auch bei den Verbrennern, kann man die Angaben der Hersteller leider nicht ernst nehmen. Der E-NV sollte mit seiner 24kWh Batterie theoretisch 150km schaffen, in der Praxis waren es bei optimalen Voraussetzungen 130km. Im Winter gerade einmal 80-100km! Das liegt einerseits an der Kälteempfindlichkeit der Batterie, andererseits auch an der Heizung, die ein Stromfresser ist. Neue Modelle mit Wärmepumpe sind weit effizienter.
Den Nissan Leaf mit 40kWh Batterie konnten wir in unserem Test (Sommer, Schönwetter, aktivierte Klimaanlage) ca. 240km weit fahren, bevor wir nachladen mussten. Laut Herstellerangabe sind max. 270km möglich.
Ladezeit
Der E-NV wurde von uns zumeist über Nacht an der 220V Steckdose geladen. Das dauert bis zu 13 Stunden, doch in der Praxis war die Batterie so gut wie nie ganz leer und die Ladung unter 10 Stunden abgeschlossen. Am Schnelllader (CHAdeMO 50kW) mussten wir etwa 30min warten, bis die Batterie wieder zu 80% geladen war.
Probleme in der Praxis
Theoretisch klingt alles so gut. Man fährt ja meistens nicht so weit, lädt über Nacht zu Hause auf und besser für die Umwelt sind Elektroautos auch noch als die bösen Dieselfahrzeuge.
Ok das mit dem Lithium wurde jetzt schon oft genug thematisiert, das sparen wir uns an dieser Stelle. Elektroautos sind nur dann besser für die Umwelt, wenn man sie lange genug fährt und die Batterie entsprechend recycelt.
Reichweite
Ja, in 80% der Fälle hat die Reichweite unseres Fahrzeuges tatsächlich ausgereicht. Die restlichen Fahrten waren teils aber recht problematisch. Hier ein paar Beispiele:
- Gerade erst waren wir nach Hause gekommen, das Auto hing am Ladekabel. Da sollten wir spontan beruflich wegfahren. Mit einer Restreichweite von 30 Kilometern ging sich das jedoch nicht aus.
- Ein medizinischer Notfall im Verwandtenkreis, ich fuhr mit dem Notarzt mit. Meine Lebensgefährtinnen wollten hinterher fahren. Doch zuerst mussten sie noch einen Umweg fahren und das Auto wechseln, denn der E-NV hatte dafür nicht mehr genug Reichweite.
- Ein Ausflug von Linz nach Bad Ischl. An sich keine große Sache, doch mit dem E-NV nicht so einfach. Mit Zwischenladungen und unter Berücksichtigung der Öffnungszeiten der Ladestationen, wären wir über 17 Stunden unterwegs gewesen. Normal schafft man die Strecke in 80 Minuten…
Aufladen
Der größte Nachteil eines Elektrofahrzeuges ist das „tanken“! Selbst wenn keine Tankstelle offen hat, ist ein Verbrenner hier klar im Vorteil, einen Reservekanister kann man immer mitnehmen. Ein reines Elektroauto hingegen, ist immer auf eine Ladesäule oder Steckdose angewiesen.
Auch dauert das Aufladen natürlich viel länger, als das Tanken. Das heißt, wenn man überhaupt eine Ladestation in Reichweite hat, diese geöffnet und nicht besetzt ist und funktioniert.
Unsere praktischen Erfahrungen beziehen sich auf den Raum Oberösterreich und sind alles andere als gut! Zum einen stimmten die angegeben Öffnungszeiten in ca. 20% der Fälle nicht. Dann sind leider einige Ladesäulen scheinbar Dauerdefekt oder werden zumindest monatelang nicht repariert.
Die funktionierenden Ladestationen sind oftmals belegt, was zu entsprechenden Wartezeiten führt. Diese werden oft auch noch dadurch verlängert, dass die Säulen nicht die versprochene Leistung liefern. Wenn man am CHAdeMO Anschluss mit 50kW laden könnte, tatsächlich aber nur 22kW herauskommen, dauert die Batterieladung entsprechend lange.
Natürlich sind es auch immer wieder die Elektroautofahrer selbst, die für Verzögerungen sorgen. Es kommt schon mal vor, dass jemand sein Auto ansteckt, dann gemütlich stundenlang einkaufen geht und damit die Ladestation für andere unbenutzbar macht.
In den nächsten Jahren soll die Infrastruktur dramatisch ausgebaut werden, alles wird ganz toll.. Sein E-Auto aufladen wird man dann an jeder Ecke können. So zumindest die Versprechungen. Doch so lange können wir leider nicht warten.
Reparaturen
Während man bei Verbrennern freie Werkstattwahl hat, ist man bei Elektroautos auf Werkstätten angewiesen, die über entsprechende Befugnisse und Ausstattung verfügen. Das schlägt sich oftmals im Preis nieder!
Des weiteren sind die Lieferzeiten für bestimmte Komponenten relativ lang. So dauerte die Reparatur nach einem Unfall – ein Traktor hatte uns geschrammt – ganze 7 Wochen!

Winter
Unser größter Feind war definitiv der Winter! Wir mussten uns zwischen frieren und Reichweite entscheiden, nur die Lenkradheizung machte es etwas erträglicher.
Die Standheizung verbraucht sehr viel Energie und sollte daher am besten benutzt werden, wenn das Auto am Ladekabel hängt. Zum Enteisen der Frontscheibe eingesetzt, kostete uns alleine das schon mal 3-5% der Batterieladung. Mit aktivierter Heizung sank die Reichweite deutlich unter 100 Kilometer.
Krisenvorsorge
Grundsätzlich bieten E-Autos in der Krisenvorsorge durchaus gewisse Vorteile. Ein massives Problem hat man allerdings, wenn man das Fahrzeug gerade dann rasch benötigt, wenn die Batterie leer ist!
Auch das nachladen dürfte im Notfall recht schwierig werden. Öffentliche Ladesäulen werden nicht funktionieren, nachladen per Notstromgenerator dauert viele Stunden und erzeugt Lärm. Alles in allem sind das mehr Nach- als Vorteile.
Unsere Vision
Wie Anfangs bereits erwähnt, würden wir uns aktuell kein Elektrofahrzeug mehr zulegen. Und doch ist das Thema für uns noch nicht ganz erledigt.
Um uns wieder von einem Fahrzeug mit Elektroantrieb überzeugen zu können, müsste dieses sehr stark auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten sein.
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags, gibt es am europäischen Markt kein entsprechendes Fahrzeug.
Wir träumen von einem Geländefahrzeug (z.B. Pick Up oder Van) mit mind. 3 Sitzplätzen, einer rein elektrischen Reichweite von echten 300km und einem Range Extender für den Notfall. Natürlich muss auch viel Platz für Ausrüstung vorhanden sein.
Vielleicht kann der Tesla Cybertruck zumindest einen Teil unserer Wünsche erfüllen. Bis der auf den Markt kommt, wird aber noch einige Zeit vergehen. Sofern er überhaupt eine EU-Zulassung erhält!