Laut einem Gerücht, das uns zu Ohren kam, sollen Mitarbeiter von Kundenhotlines bei den Umfragen zur Kundenzufriedenheit tricksen. Ziel ist es, negative Bewertungen für sich selbst zu vermeiden. Die Methode dahinter soll so einfach wie wirkungsvoll sein und sehr häufig zur Anwendung kommen.
Gerüchte können wahr sein, oder auch nicht. Interessant sind für uns natürlich nur Fakten! Darum haben wir es selbst ausprobiert und in den letzten Monaten exakt 100 Anrufe getätigt. Manche tatsächlich weil wir selbst als Kunden eine Frage hatten, andere nur um herauszufinden, was an den Gerüchten dran ist.
Herausfinden wollten wir, wie der Trick genau funktioniert, warum Mitarbeiter von Hotlines solche Angst vor einer negativen Bewertung haben sollten und außerdem, ob es weitere Tricks gibt, mit denen die Kundenbewertungen beeinflusst werden.
Netter Kunde, böser Kunde
Für unseren Test haben wir verschiedenste Hotlines ausgesucht. Darunter Banken, Discounter, Dienstleister und Mobilfunkanbieter.
Unsere Vorgehensweise war immer die gleiche. Ich, ein angeblicher Kunde des jeweiligen Unternehmens, rief, im Abstand von mehreren Tagen bzw. Wochen, zu unterschiedlichen Tageszeiten, bei der Hotline an. Dabei spielte ich 3 unterschiedliche Rollen.
- Einen Kunden mit allgemeiner Frage, sehr freundlich und dankbar für jede Hilfe.
- Einen unzufriedenen Kunden der sich jedoch sehr schnell besänftigen ließ.
- Einen unausstehlichen Kunden der damit drohte, sich über den Hotlinemitarbeiter zu beschweren.
Damit unser Test nicht aufflog, wurde ich von zwei weiteren Personen unterstützt. Beide spielten ebenfalls die oben beschriebenen Rollen.
Dabei wurden 2 Dinge sehr schnell klar. Erstens: Man kommt am besten am frühen Vormittag durch, da sind die Wartezeiten meistens sehr kurz. Und zweitens: Die Menschen die Warteschleifenmusik für Hotlines aussuchen, sind höchstwahrscheinlich Sadisten!
So funktioniert der Umfrage-Trick
Zu Beginn des Anrufs wird man gebeten, nach dem Gespräch in der Leitung zu bleiben, um an der Umfrage teilzunehmen. Dann, und nur dann, funktioniert der Trick der Mitarbeiter!
Vermutlich wird es auch für andere Umfragearten entsprechende Manipulationsmöglichkeiten geben, doch an dieser Stelle beschränken wir uns auf das, was wir aus eigener Erfahrung berichten können.
Gefragt wird meistens, ob der Mitarbeiter hilfsbereit und kompetent war, ob das Anliegen gelöst werden konnte und auch, ob der Gesprächspartner freundlich war.
Nach dem Gespräch wünscht einem der Mitarbeiter zumeist noch einen schönen Tag, verabschiedet sich und wechselt zum nächsten Kunden. Man selbst kann nun auflegen, oder weiter dran bleiben um an der Kundenumfrage teilzunehmen. Laut dem Gerücht soll man als unzufriedener Kunde deutlich seltener zu der Umfrage gelangen. Als Kunde der vorher geäußert hat, sich über den Mitarbeiter beschweren zu wollen, noch viel seltener!
Aber wie soll das gehen? Mitarbeiter können wohl kaum beeinflussen, ob jemand dran bleibt und bewertet. Nein, können sie tatsächlich nicht. Müssen sie aber auch gar nicht, der Betrug ist viel einfacher!
Der Mitarbeiter bleibt nach seiner Verabschiedung einfach in der Leitung und stellt sein Mikrofon stumm. Dann wartet er bis man selber auflegt. So wird die Umfrage gar nicht gestartet, denn die meisten Kunden haben keine Lust zu warten und legen schnell auf.
Stichproben mit eindeutigem Ergebnis
Natürlich kann unser Test nur eine Stichprobe darstellen. Alleine schon, weil wir nur Hotlines auswählen konnten, die auf das entsprechende Umfrageprinzip setzen. Außerdem lässt sich nicht ausschließen, dass vereinzelt auch technische Probleme dazu führen, dass die Umfrage nicht gestartet wurde.
Insgesamt spricht jedoch sehr viel dafür, dass die Zufriedenheitsumfragen tatsächlich manipuliert werden. Auch, weil Mitarbeiter der Hotlines es vereinzelt zugegeben haben und ihnen manchmal Fehler passierten. Dazu gleich mehr!
Unser Ergebnis im Detail:
- Als Kunde mit allgemeinen Fragen gelangten wir bei 33 Anrufen in 29 Fällen zur Umfrage.
- Als unzufriedener Kunde der sich schnell besänftigen ließ, kamen wir bei 33 Anrufen immerhin 24 Mal zur Umfrage.
- Doch als unausstehlicher Kunde, den wir 34 Mal spielten, wurde die Umfrage nur 4x gestartet!
Somit dürfte recht klar sein, dass die Mitarbeiter keine Freude mit Kunden haben, die eventuell schlecht bewerten. Überraschend ist das nicht. In einem Fall hat der Angestellte das auch klar gesagt, allerdings nicht mir persönlich sondern seinem Kollegen. Er hatte vergessen das Mikrofon auszuschalten und so konnte ich seine Meinung über nervige Kunden deutlich hören. Zumindest so lange, bis ich ihn auf seinen Fehler hingewiesen habe.
Im Prinzip muss der Hotlinemitarbeiter nur sein Mikrofon stumm schalten und warten, bis der Kunde auflegt. Dann gibt es keine Umfrage, denn das System schaltet erst auf die Umfrage, wenn der Mitarbeiter zum nächsten Kunden wechselt.
Teilweise habe ich noch 2-3 Minuten gewartet und der Stille gelauscht. Einige Male haben wir auch versucht, den Mitarbeiter dazu zu bewegen, noch einmal mit uns zu reden. In 2 Fällen hat das tatsächlich geklappt und es kam ein offenes und sehr freundliches Gespräch zu Stande.
Kreative Manipulationen
Es gibt aber auch kreative und zugleich für mich akzeptable Varianten der Bewertungsmanipulation. So haben sich z.B. auffallend viele Gesprächspartner für das freundliche Telefonat bedankt oder noch etwas Smalltalk betrieben um die Stimmung zu heben.
Danach wurde manchmal sehr dezent, teilweise auch recht deutlich, um eine positive Bewertung bei der folgenden Umfrage gebeten. Einer Bitte der ich unter normalen Umständen gerne nachgekommen wäre, doch um die Auswertungen nicht zu beeinflussen, habe ich jeweils beim Beginn der Umfragen aufgelegt.
Kein einfacher Job
Ganz klar, die Manipulation von Umfragen indem man die Meinung von Kunden unterdrückt, geht eindeutig zu weit. Doch es gibt durchaus gute Gründe dafür, wie uns Mitarbeiter erzählten. Mitunter hängt der eigene Job daran, wie Kunden bewerten. Oder wie ein Angestellter es ausdrückte: „Unzufriedene Kunden erzeugen unzufriedene Chefs und dann kannst zum AMS gehen.“ Und arbeitslos werden will natürlich niemand.
Es mag übertrieben klingen, doch Kündigungen von Angestellten mit schlechter Kundenbewertung sind gar nicht so selten. Die Kundenzufriedenheit ist vielen Firmen weit wichtiger als der eigene Mitarbeiter!
An einem Arbeitstag führt jeder Mitarbeiter dutzende Gespräche mit unterschiedlichsten Kunden. Diese sind oft ungehalten. Wer ruft schon in bester Stimmung eine Hotline an, wenn Probleme auftauchen oder Geräte nicht richtig funktionieren? Den Ärger darüber bekommen häufig die Gesprächspartner ab.
Sich diesem Ärger täglich auszusetzen, erfordert schon eine gewisse innere Ruhe. Dann aber vielleicht auch noch negativ beurteilt zu werden obwohl man nichts falsch gemacht hat, geht vielen einfach zu weit. Das ist durchaus verständlich!