Falls Sie sich für Laser-Entfernungsmesser interessieren und über den Kauf eines Geräts von Bosch nachdenken, sollten Sie den folgenden Beitrag unbedingt lesen. Denn leider ist Bosch bei weitem nicht so professionell wie die Firma gerne vorgibt. Ärger ist wortwörtlich vorprogrammiert! Wer Pech hat verliert seine kompletten Messdaten! Aber der Reihe nach….
Nach vielen Jahren der Nutzung war es für meine Firma an der Zeit ein neues Laser-Entfernungsgerät zu kaufen. Das alte Gerät braucht relativ lange für eine Messung und ist nicht gut ablesbar. Das neue Gerät sollte handlich, multifunktionell und robust sein. Vor allem sollte es auch ein gut ablesbares Display besitzen. Das brachte mich zum Bosch GLM 50-27 CG.
Tolle Ausstattung
Über das Entfernungsmessgerät selbst kann ich nichts negatives berichten. Es tut genau das was es soll und das auch noch sehr gut und schnell. Eine Messung dauert ca. 0,5 Sekunden, sein Display ist sehr gut ablesbar und falls man gerade in einer unbequemen Position Messungen durchführen muss in der man nicht auf das Display schauen kann, signalisiert ein Piepton und/oder Vibrationsmotor die erfolgreiche Messung.
Hilfreich ist auch die inkludierte digitale Wasserwaage. Außerdem gibt es noch eine kleine Hilfefunktion die alle Funktionen mittels Bilder erklärt. Und dann wäre da noch die Bluetooth Schnittstelle. Sie war mein Hauptgrund für den Kauf des Geräts.
Einzig die relativ kurze Batterielaufzeit mit den 2 AA Batterien könnte man bemängeln. Doch die Batterien sind mittlerweile sehr günstig und optional bietet Bosch auch ein Akkupack für den Entfernungsmesser an.

Werbung trifft auf Realität
Alles soll so verdammt einfach sein. App installieren, einen Raum mit den Fingern zeichnen und schon kann man jede einzelne Wand auswählen um sie zu vermessen. Die gemessenen Daten werden vom Entfernungsmesser direkt per Bluetooth in die App übertragen. Tatsächlich ist es so einfach wie versprochen. In meinem Test konnte ich so 5 Räume in nur 10 Minuten komplett vermessen und hatte danach auch automatisch die Quadratmeterzahl (m²) und den Rauminhalt (m3) in der App aufscheinen. Das ist sehr nützlich wenn man Heizungen, Klimaanlagen usw. plant.
Auf den ersten Blick und auch in den ersten Stunden der Nutzung scheint die Bosch MeasureOn App genau das zu sein was man sich nur wünschen kann. Zumindest bei mir war das so. Alles klappt recht einfach und gut, schnell hat man die ersten Skizzen erstellt.
Doch dann trifft man knallhart auf die harte Realität. Warum nur hat diese App im Google Play Store nur 3,3 Sterne? Warum gab es jede Menge 1 Stern Bewertungen? Warum sprachen so viele Nutzer von einer Bezahlvariante die ich gar nicht sah?
Ich sollte es schneller erfahren als es mir lieb war!

MeasureOn ist eine Frechheit!
Hatte ich nicht eben noch so von der App geschwärmt? Tja, oberflächlich ist sie tatsächlich sehr gut gemacht und hilfreich. Allerdings ist sie absolut nicht geeignet um damit produktiv oder gar professionell zu arbeiten. Das beweise ich Ihnen nun anhand einiger Beispiele.
Datensammler: Ohne zu fragen wird in der App eine Option aktiviert, durch die man Nutzungsstatistiken an Bosch sendet. Die Rede ist konkret von „Diagnose- und Nutzungsdaten“. Das man die App sowieso nur gemeinsam mit dem Bosch GLM 50-27 CG nutzen kann, wenn man seinen Standort für Bosch freigibt, macht die Sache auch nicht besser!
Fehler: Manche Funktionen wie das verschieben und kopieren von „Aufmaßblättern“ funktionieren zwar auf unseren Samsung S7 und S8 Tablets, jedoch nicht auf unseren Samsung S21 Handys.
Bevormundung: Das automatisch angelegte Beispielprojekt lässt sich nicht löschen, auch nicht ordentlich bearbeiten. Es soll wohl in der Bezahlversion als Kundenfänger dienen.
Export: Die wohl wichtigste Funktion einer solchen App ist der Export der Daten in andere Anwendungen. Hier hat Bosch völlig versagt.Vielleicht sogar mit Absicht? Im nächsten Absatz gehe ich genauer darauf ein, da dies für Profis unglaublich wichtig ist!
Als Nutzer unerwünscht und abgezockt?
Bei der Installation der App wird man aufgefordert sein Land einzugeben. Das geschieht normalerweise um die Sprache der App anzupassen, hat hier aber offensichtlich einen ganz anderen Grund. Vorsicht Falle! Es gibt nämlich große Unterschiede bei der Nutzung der App, je nachdem aus welchem Land man kommt. Nein, leider ist das kein Scherz!
Es gibt die hier beschriebene „MeasureOn“ App und zusätzlich eine „Pro“ Version die sich „MeasureOn Cloud“ nennt. Diese Bezahlversion wird von Kunden häufig kritisiert, ich konnte sie jedoch im Appstore nicht finden. Auch in der „MeasureON“ App selbst finde ich keine Hinweise darauf. Darum habe ich mir die Mühe gemacht und die Webseite von Bosch durchforstet. Um Ihnen das zu ersparen, hier nun meine Ergebnisse:
In einigen Ländern ist ist sowohl eine kostenlose als auch eine kostenpflichtige Version verfügbar. So z.B. in Deutschland, Polen und der Schweiz. Später sollen weitere Länder hinzukommen.
In Österreich, Norwegen, Liechtenstein und vielen weiteren Ländern wird es immer nur die kostenlose Version geben. So Bosch auf deren Webseite in den FAQ. Eine Erklärung hierfür gibt es nicht. Doch Vorsicht, für Nutzer aus Ländern in denen es ausschließlich die kostenlose Version gibt, ist das keine gute Nachricht!
Wichtige Unterschiede
Da Apps jederzeit aktualisiert bzw. verändert werden können, ist nicht immer nachvollziehbar welche Bewertungen durch Nutzerfehler entstanden, oder ob die App in der Zwischenzeit abgeändert wurde. Jedoch zeichnet sich für mich folgendes Bild zum Stichtag 06.08.2023:
Der Standort wird nach wie vor zwingend abgefragt um eine Bluetooth-Verbindung aufbauen zu können. Eventuell um feststellen zu können ob sich der Nutzer wirklich im angegebenen Land aufhält? Auch wird weiterhin automatisch die Einwilligung zum Sammeln der Nutzerdaten gesetzt. Nun aber zu den Unterschieden.
Offenbar werden in Ländern mit Bezahlversion die Funktionen der App absichtlich eingeschränkt. Noch nicht einmal einen PDF-Export gibt es. Laut Bosch stehen „gratis bestehende Schlüsselfunktionen (Raumplan, Messwertübertragung, Kalkulation, Foto-Aufmaß, etc…)“ sowie der „Export einzelner Elemente“ zur Verfügung. Einzelne Elemente? Natürlich wird man zumeist das ganze Projekt exportieren wollen und nicht nur einzelne Daten.

Um alle Funktionen uneingeschränkt nutzen zu können, dürften laut Nutzern 120 EUR jährlich fällig werden. Besonders sauer stößt bestehenden Kunden auf, dass die Funktionen früher kostenlos waren.
Der Kundenservice versucht zu retten was zu retten ist, die Kunden sind dennoch sauer. Absolut verständlich!
Exportieren? Kann ich vergessen!
Und was ist nun mit Kunden aus Österreich und anderen Ländern in denen die Bezahloption erst gar nicht zur Verfügung steht? Die haben Pech gehabt, wie ich nun erläutern werde.
Alle Funktionen die ich in der App finden konnte, konnte ich auch kostenlos nutzen. Ich konnte mehrere Projekte anlegen, darin diverse Raumpläne anlegen und bearbeiten. Sogar eine PDF-Exportfunktion gibt es. Alles gut? Leider nein!
Zwar kann ich Projekte und einzelne Blätter als PDF exportieren, doch lässt sich die Datei kaum anpassen. So erscheint auf jeder Seite das Logo von Bosch und der Link zur Webseite. Für den Heimgebrauch mag das egal sein, für professionelle Auftragsarbeiten ist das jedoch lächerlich. Auch stehen keine anderen Formate zur Verfügung, insbesondere ein CAD Export wäre für Profis unbedingt notwendig! Eigenes Logo und CAD-Export gibt es nur in der Bezahlversion, welche ich als Österreicher jedoch nicht erhalte. So macht man sich keine Freunde und vergrault Kunden…

Totalverlust vorprogrammiert
Kann es noch schlimmer kommen? Ja! Denn jedem Nutzer aus Ländern ohne Bezahlversion droht der komplette Verlust seiner Daten.
Weder Projekte noch einzelne Blätter lassen sich in der App sichern oder wenigstens auf ein anderes Gerät von App zu App übertragen. Bei Diebstahl, Verlust oder Defekt des Geräts sind alle Daten verloren! Auch kann man deshalb sein Projekt nicht mit anderen teilen oder auf einem 2. Gerät weiterarbeiten. Wie ich mein Projekt dennoch auf einem anderen Gerät nutzen kann? Unklar. Eine Anfrage dazu an Bosch läuft bereits, über die Antwort werde ich hier informieren.
Aktuell bleibt nur, alle Projekte als PDF zu exportieren um sie im Notfall zumindest händisch wiederherstellen zu können. Liebes Bosch-Team, professionell ist das nicht!
Update – So reagiert Bosch
Kann es wirklich sein, dass ein Konzern wie Bosch es nicht schafft einfache Funktionen in die eigene App zu packen? Gibt es wirklich keine Möglichkeit seine eigenen Daten zu sichern? Irgendwie konnte und wollte ich das nicht glauben. Daher habe ich Bosch über den Kundenservice kontaktiert. Die Antwort lies nicht lange auf sich warten… und lies mich fassungslos zurück. Hier ein Auszug aus der Email von Bosch vom 08.08.2023:
Frage: Wie kann ich Mauerausbrüche/Durchreichen in die Skizze einfügen?
Antwort: „Momentan ist es nicht möglich Durchgänge in einer Wand zu implementieren.“
Frage: Wie kann ich meine Blätter und Projekte von einem Handy auf ein anderes übertragen/sichern?
Antwort: „Leider können wir dir den genauen Zeitpunkt für die Veröffentlichung von MeasureOn PRO in Österreich nicht nennen, deshalb bitten wir Sie zunächst um dein Verständnis und deine Geduld.“ (sic!)
Anders formuliert: Es ist wie befürchtet. Man kann seine Daten in der App nicht sichern. Bei Verlust oder Defekt sind alle Daten verloren!
Am 10.08.2023 habe ich eine weitere Antwort auf meine Anfrage erhalten. Diese will ich hier nicht vorenthalten.
„Wir arbeiten bereits an MeasureOn PRO mit der Cloud für Österreich, können jedoch aktuell kein genaues Veröffentlichungsdatum nennen. Für diesen Fall empfehlen wir beim Handywechsel die Projekte und Aufmaße fertig zu stellen, via PDF zu exportieren und zu speichern und neue Projekte bereits auf dem neuen Mobilgerät zu beginnen. Somit müssen wir Sie zunächst um deine Geduld und dein Verständnis bitten, möchten aber versichern, dass wir mit Hochdruck an Verbesserungen und neuen Funktionen von MeasureOn für dich und unsere weiteren Nutzer arbeiten.“
Email Bosch Kundenservice vom 10.08.2023
Wieder diese Mischung aus „Du“ und „Sie“ in der Antwort. Nicht das ich etwas gegen ein freundliches „Du“ hätte, jedoch hilft auch diese Antwort kein bisschen weiter. Daher bleibt echten Profis nur der Umstieg auf eine ordentlich programmierte Software einer Firma die Nutzer respektiert und nicht nur deren Geld will.